Schaf unter Schäflein

Der Priester im Kindergottesdienst lächelt. Sein Diakon mit Föhnfrisur hat sich etwas einfallen lassen für die Messe. Einen bunten Beitrag. Er nimmt ein Stoffschaf mit Glöckchen von der Spielzeugkrippe am Altar auf und spricht mit eines Schafesstimme, dass er „Ueli“ sei. Neu im Stall sei er auch, und dass er sich die Menschen im Gotteshaus einmal anschauen wolle.

Der Pfarrer lächelt und bittet mit einer grossen Geste darum, dass Ueli das Kirchenschiff betrete. Er solle sich umschauen. Das macht das Schaf, zusammen mit dem Diakon. Und es flötet und kräht zugleich in Mundart, dass es hier viele Menschen habe, die das Jesuskindlein anbeten wollten. Und das es reiche und arme in der Gemeinde gebe, aber vor Gott seien alle gleich. Und dass man einander lieben solle.

Die Gemeinde wird unruhig, der Diakon hat in seine Rolle gefunden, vorne am Altar versteinert das Lächeln des Pfarrers langsam. Aber Ueli will kein Ende finden und meckert weiter. Dass die Spenden von letztem Sonntag ein wenig zu gering ausgefallen seien und dass man Gott natürlich auch ohne Spende anbeten könne, solange man jeden Tag in die Kirche komme.

Dann läuft er mit dem Schaf wiegend wieder zur Krippe. Wir sind froh, dass er noch alle Kleider anhat und die Föhnfrisur hielt. Wir sind froh, dass der Diakon sich einmal einen seiner geheimsten Wünsche erfüllen konnte. Im Schaftgewand durch die Öffentlichkeit zu laufen und Tiergeräusche von sich zu geben.

Wir sind froh, dass wir hoffentlich nie die geheimsten Wünsche seines Kollegen vor dem Tabernakel kennenlernen werden. Der bricht inzwischen das Brot und versucht auch den Auftritt zu vergessen. Amen.