Frei

In der Firma einer Bekannten setzt man derzeit Redundanzen frei. Für den Arbeitsmarkt. Sie steht auf der Liste, seit gestern weiss sie es. Das bedrückt sie, schreibt sie in einem Social Media Channel. Aber das sei auch eine Chance, auf Neues. Auf kommende Herausforderungen. So, als sei eine Arbeitsstelle ein Abenteuer, das hinter dem Büroschreibtisch ständig ein dramatisch intonierendes Symphonieorchester bereit halte.

Dem wird nicht so sein. Dem war nie so. Arbeit ist Arbeit. Nichts anderes, wenn die Blonde neben dem Kopierer kreischt, dann weil ihr jemand die kalten Finger in den Nacken legte. Und die kaltblütige Entscheidung fünf vor Zwölf ist die zwischen Tagesgericht Nummer 1 oder 2.

Man hat sie gestern freigestellt, jetzt stochert sie im Herbstlaub nach einem grünen Zweig. Noch ist nicht die Zeit dazu. Noch springt niemand aus dem Busch und schreit: Auf Sie habe ich gewartet.

Das wird eine Weile an Zeit brauchen, eine trübsinnige Zeit vielleicht. Den Winter. Die, die nach einer solchen Nachricht befreit in die Welt rennen, verausgaben sich nach ein paar Metern und bleiben dann stumm mitten in der Landschaft stehen. Alleine gelassen. Mühsam sich neu aufraffend. Später.

Es ist nicht gesagt, dass es leichter mit einer Traurigkeit im Sinn ist. Vielleicht ehrlicher, vielleicht auch genau nicht, denn das Ende einer Stelle ist nicht das Ende der Welt.

Die Firma meiner Bekannten wirft jedes Jahr ein Zehntel der Belegschaft hinaus und holt sich durch die andere Türe wieder dieses Zehntel zurück.