Auf mich zu

Es sind nicht die 1.000 oder 2.000 oder 3.000 oder mehr Kranken, die jeden Tag aus China gemeldet werden. Auch nicht die statistische Einsicht, dass 5% davon die Infektion nicht überleben werden und dass es sich damit um eine nur halb so gefährliche Krankheit wie SARS handelt. Das ist Zahlenkleisterei aus Tagesmedien. Es sind die Bilder davon wie es sein könnte, dass die Krankheit sich wirklich ausbreitet, dass sie weit über das hinaus sich verbreitet, was man sich heute in einem anderen Land vorstellt. Es sind nicht die Verdachtsfälle, die tatsächlich im Krankenhaus neben unserer Wohnung untersucht werden und unter Quarantäne stehen. Es sind die Bilder von einer eigenen kranken und vielleicht sterbenden Familie, die sich mir jetzt Nacht für Nacht einbrennen. Natürlich wird nichts passieren sage ich mir, aber es kommt auf mich zu, ob ich es will oder nicht. Es gibt keine Bilder von einem Morgen, an dem die Krankheit einfach verschwunden ist und die Vögel in die Sonne zwitschern. Es gibt diese Richtung nicht. Das ist es, was mir mehr und mehr die Kehle zuschnürt. Dass eine Krankheit auf mich und meine Familie zuwandert. Egal wie lange sie dazu braucht und wie stark sie dann sein mag. Es ist, dass ich nichts dagegen tun kann und meiner Familie nicht weiss zu helfen, sollte es dann wirklich passieren. All das gibt mir eine Idee vom Tod, der täglich näher kommt, den ich aber wie alle gut weg tun kann. Infektionszahlen sind hier greifbarer als Entfernungen eines Ablebens, das ich nicht in Tagen, nicht in Kilometern zählen kann. Dabei geht es nie um mich. Es geht um meine Familie. Das ist es, was mir Sorgen macht.

Bis ich irgendwann auch sterbe.