Burka mit Aussicht

Mag sein, dass ich ein wenig synaptisch überhitzt oben auf dem Üetliberg ankam, oder dass es an der Hitze des späten Nachmittags lag, ich fand den Anblick zum Schreien komisch. Dort oben auf dem nur wenige Schritte vom Restaurant entfernten Alibigipfel stand ein Mann mit Tochter, der die Frau vor dem grandiosen Ausblick auf den Zürichsee und die dahinter schimmernden Berge des Glarner Lands fotografierte. Das an sich war eine Standardszene für Zürich Touristen, damit kann man keine Witze machen. Allerdings hatte die Frau eine Burka an, das machte den Touristenschnappschuss ein wenig kniffelig. Vor allem im Hinblick auf „das Land und ich, ich und das Land“. Ich bog ab, um der Familie nicht unfreundlich entgegen zu prusten.

Natürlich kamen mir sofort merkwürdige Fragen in den Sinn wie

  • Kann der Mann denn sicher sein, dass er die richtige Frau fotografiert
  • Hat er mit Sicherheit die richtige Gattin vom Flughafen mitgenommen oder versteht er langsam, dass sie nur deshalb nicht die Burka abnimmt, weil sie eine komplett Fremde ist

Kniffelig. Politisch nicht immer voll auf der Höhe der geforderten Toleranz, allerdings trotzdem absurd. Ich bin mir sicher, dass die Familie die Frau unter der Vollverschleierung erkannte. Jederzeit. Für Dritte, die das Foto mit ihr (?) in Händen hielten, war ich mir da nicht so sicher. Alleine die Idee, dass man fast die Hälfte der Flugkosten für Touristen mit bestimmten Kleiderkulturen sparen könnte, indem die Stadt eine Burko Symbolträgerin für Aufnahmen auf dem Üetliberg zur Verfügung stellte, schien mir verlockend, wenn natürlich auch vollkommen an der Sache vorbei gehend. Vor allem schon, weil es auch nur von der Seite des Mannes aus gedacht war. Die Frau hatte vermutlich einen ziemlichen Spass hier oben und war froh in Zürich eine schöne Zeit zu verbringen. Immerhin steckt da keine Puppe in einer Burka. Zu keiner Zeit.

Ich beschloss auf dem zweiten Teil meiner Joggingstrecke bergab ein wenig vor mich hin zu lachen und es gut sein zu lassen. Es ging mich ja nichts an.