Egoporn
Am schlimmsten ist zunehmend die Langeweile an meinem eigenen Denken. Nichts das mich noch überraschen würde. Der Zensor muss sehr weit drinnen sitzen. Oder da ist einfach nichts mehr.
Arrival
Wenn ihm mal nicht gut war und er ein Lächeln brauchte, eines das von Grund auf frei und herzenswarm war: der Arrival Bereich am Flughafen. Die Sicherheitstüren gehen auf, müde kommen sie vom Gepäckband, schauen sich zuerst noch unentschlossen um. Dann der Blick zu dem, der sie erwartet, ungeduldig. Vielleicht Blumen in der Hand. Oder auch einfach nur in den Hosentaschen ein Geschenk. Sie stürmen aufeinander zu. Immer spannt sich der Körper dabei freudig an.
Manche bleiben stehen und lächeln einfach, manche können sich nicht schnell genug umarmen. Tief und innig küssen. Oder uneholfen und schlecht gezielt. Dann schauen sie sich noch einmal in die Augen und strahlen. Keine Müdigkeit mehr, für Sekunden. Er schaut danach sofort weg, denn in den nächsten Augenblicken kommt all das wieder abhanden, verflüchtigt sich, ringt sich vielleicht noch zu einem „und wie war Dein Flug“ durch. Dann gehen sie ab, so wie immer. Wie in einem Abspann.
Das dann nicht mehr. Aber bis dahin baut es ihn auf und macht ihn auch lächeln. Er wünscht sich, es bliebe immer so.
Balance
Die Familie schiebt sie über den Kies, lässt sie in ihrem Rollstuhl dann auf dem halben Weg stehen und stürzt sich auf die Wippe. Ein mittig verankerter Baumstamm als Schwunggelenk, zwei Eisenbögen als Halterung eingeschlagen. Ein Jauchzen, die beiden dicklichen Frauen, eher jung, sitzen auf der einen Seite. Dagegen stemmt sich einer vom Typ „Kraftfahrer“, das Familienoberhaupt. Niemand schaut auf die alte Frau hinter ihnen. Sie kann jetzt so stundenlang in der Sonne stehen. Vor ihr schwingt es kichernd weiter.
Die Haut beschreiben
Tätowieren, wenn dann nur, um der Frage „wie geht es“ auszuweichen. Die eigene Geschichte auf die Haut schreiben lassen und dann stumm auf die Bilder zeigen. Als Antwort. Allerdings steht das alles im Gesicht, es wäre eine doppelte Buchführung. Für Eilige, die eine schnelle Antwort brauchen. Social Fastfood.
Immerhin
Nicht einmal die Sonne ist ewig. Nicht einmal das Wort davon.
Sie haben Post
ail von einer Bekannten. Ich erinnere mich an den Workshop mit diesem einen Kreativen. Unruhiger Silberblick, fällt ins Wort. Atmet kurz. Sucht stets nach einem Wenn. Nach einer Stunde hat er uns. Wir reden über Falls. Nichts kann mehr aus der Burg über den Graben. Seine Website heute Morgen hat drei tote Links. Und dass die neue Website im Frühling 2014 kommt. Jaja. Wenn überhaupt.
Schranke
Auf den Zug warten. Am Übergang. Zwei Väter rollen heran. Ihre Söhne auf den Rädern festgezurrt. Hoi. Nein, so eine Überraschung. Lange nicht gesehen. Ja, lange nicht. Gestern den Urs gesehen. Ja, letzte Woche auch den Hans Ruedi. Genau. Gut dass man sich ab und zu sieht. Der Zug donnert vorbei. Schranke hoch. Also, bis bald mal wieder. Hat gefreut.
Frühling
Jedes Jahr gibt es diesen einen Spaziergang. Smetana Geigen im Hinterkopf. Dann glaube ich immer: so wird es jetzt bleiben, das wird ein ganz anderes Jahr. Diesesmal sicher.
Reistopf
In der Küche steht noch ein Reistopf. Der Rest eines Mittagessens. Für 20 Personen. Halb geleert. Sie kniet fast darin. Der Kopf schwingt über dem gierigen Löffel. Eingesunkene Schultern ansonsten. Jetzt, wo alle wieder an ihren Arbeitstischen sitzen. Sie häuft sich dreimal so viel in eine Schale. Vorher, unter ihren Kollegen, hat sie nur genippt und mitgelacht. Jetzt frisst sie.
Vor Dir
Und wenn er jetzt plötzlich vor Dir stände. Der eine. Eine Wende in der Geschichte. Und er würde nach dem Weg fragen. Wozu die Ohrstöpsel heraus nehmen. Soll googlen.