Panther.

Ich gebe zu, ich schleiche seit 20 Jahren um den „Goldenen Panther“ herum. In Prag. Seit man mir erklärt hat: „Da gehst Du besser nicht rein, da sind die Tschechen gerne unter sich.“ Seit man mir mein Deutschsein als weniger geeignet nahegelegt hat, um in dieser schönen Gaststätte in der Nähe der Karlsbrücke einen Platz zu bekommen. Die ersten Jahre habe ich mich deshalb erst gar nicht hinein getraut. Schon weil ich in den 90ern einmal durch eine ähnliche Kneipe mit einem „jetzt kein Wort Deutsch bitte, bis wir am Platz sind“ durchgeschleust wurde. Und die Männer an ihren Bierseideln mich auch wirklich nicht allzu freundlich angeschaut haben. Da will man ja nichts riskieren.

Dann, im 21. Jahrhundert, gab es schon den einen oder anderen Versuch bis zum Schanktisch im „Goldenen Panther“, aber immer war der Gastraum so voll, dass ich erst gar keinen Platz bekommen habe. Da war ich dann fast froh jedesmal. Nun bin ich gestern in Prag gewesen. Abends spazieren, an der Karlsbrücke. Also allen Mut zusammen genommen und in den „Goldenen Panther“. Wieder alles voll bis zum Gang, aber immerhin denke ich: die ersten drei Versuche einen Platz zu kriegen sahen schon sehr nach „Ich bin Prager, lassen Sie mich durch.“ aus. Jedenfalls hat mich niemand niedergeschlagen, und unfreundlich schauen gehört in den Schankräumen durch zum Repertoire, schon klar.

Vor dem vierten Besuch hatte ich mich an diesem Abend schon anderweitig mit Bier versorgt. Und in nicht mehr nüchternem Zustand beschliesst man manchmal auch Dinge. Also dachte ich mir: Harald, die geben Dir keinen Platz da drin, kann ja sein, aber mit einem rechnen sie nicht: dass ich da einfach reingehe, direkt weiter auf’s Klo und wieder raus. Das wird sie fertigmachen. Jawohl, das tue ich.

Also rein, finster kucken, geradewegs und dank jahrelanger Übung instinktartig den Weg zum Klo gefunden, so als wäre ich schon immer hier und würde auf der einen Seite einfüllen und auf der anderen ablassen. Hosenschlitz auf und neben einem grossen Kerl die Erleichterung gesucht. Der finassiert, schaut mich kurz an und weiss, dass ich jetzt bewegungsunfähig weil mitten im Abschlagen bin. Ich spüre plötzlich zwei starke Hände die mich im Pinkeln hochhalten und näher an das Pissoir stellen. Ohne ein Wort, dann geht er einfach weg.

Klarer kann man es mir nicht sagen: blöder Tourist, zu doof, um richtig tschechisch zu pinkeln, mach den Abmarsch.

Habe ich dann auch. Irgendwann lerne ich Tschechisch, dann aber.